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Wie stark bleiben Serviced Apartments eine Antwort der Zukunft?

The Market is on fire – so hatte STR auf der SO!APART 2019 die internationale Wachstumsdynamik im Segment beschrieben. Jetzt sind Serviced Apartments dem Corona-Inferno ein stückweit wie Phoenix aus der Asche entstiegen. Aber wie krisenfest ist der Sektor wirklich? Und wie wandelt sich dieser nun in einem sich wandelnden Markt?

Öffentlicher Bereich des Stay Koook Bern Wankdorf  © SV GroupStay

Stay Koook Bern Wankdorf © SV GroupStay

Die Bedingungen für Phoenix aus der Asche sind eigentlich denkbar schlecht: Die Geschäftsreisenachfrage ist wegen dominierender Travel-Risk-Themen in Unternehmen fundamental eingebrochen. Internationale Reisende bleiben weiter aus, Tagungen finden nur zögerlich statt. Hinzu kommen stetig wechselnde Risikowarnungen, und ein entflammter Hype um Webkonferenzen und eine neue Homeoffice-Work-Life-Balance. Für ein Segment, das bisher zu 70 Prozent von Geschäftsreisenden lebte, ist das viel Öl, das aktuell ins Feuer gegossen wird.

 

Neue Aufmerksamkeit für das Segment

Doch, das Segment erlebte in diesem Pandemie-Jahr auch einen neuerlichen Shootingstar-Status, zumindest in gewisser Weise: Mit seinen USPs erwies es sich als weniger volatil als die anderen Beherbergungssegmente, es konnte sich vom momentanen Großverlierer Hotellerie absetzen – und beinah jeder im Hotel-, Tourismus- oder Immobilienmarkt registrierte das Spezialprodukt Serviced Apartments und seine Performance der letzten Monate. Dies betrifft sowohl die Nachfrage, die im Lockdown später einbrach, früher einsetzte und rund drei Viertel der Serviced-Apartment-Betriebe geöffnet blieben ließ, als auch das Konzept: mit abgeschlossenen Wohneinheiten, inkludierter Küche, digitalen Zugängen und damit mit allem, was es zum neuen Status "Social Distancing" braucht.

 

Neue Zielgruppen gewonnen

Bis auf 40 Prozent sank während des Lockdowns die Belegung in Serviced Apartmenthäusern, bis auf 20 Prozent in Aparthotels, so dass Ergebnis der Stimmungsbarometer-Umfragen von Apartmentservice. Vor allem der Longstay erlebte eine vergleichsweise stabile Nachfrage: Nachdem 2019 erneut die durchschnittliche Aufenthaltsdauer auf 19 Tage gesunken ist, hat sich dieser Trend während des Corona-Lockdowns umgekehrt. Der Longstay war vor allem gefragt, während sich bereits zuvor die Zahl der Longstay-Angebote durch mehr Serviced Apartmenthäuser erhöht hatte. Neben klassischen, längerreisenden Geschäftsreisenden entdeckten gestrandete Reisende, Mitarbeiter systemrelevanter Betriebe, umgebuchte Gäste oder jene, die das Homeoffice ins Apartment verlagert haben, Serviced Apartments für sich. Als Hotelalternative, Second Home, als Wohnen-auf-Zeit-Option.

Die Gäste setzten auf die USPs, mit denen das Segment großgeworden ist – vor allem auf die Wohnausstattung mit Küche zu einem geringeren Preis als im Hotel, auf flexible Buchungs- und Serviceoptionen, zentrale Lagen und digitale Angebote. Durch Preisreduzierungen fühlten sich zudem preissensible Berufsgruppen angesprochen. Die Betreiber wiederum senkten die Mindestaufenthaltsdauer, entwickelten neue Angebote und profitierten von den geringeren Kosten als in der Hotellerie, durch weniger Personal und kaum bis keine Gastronomie-, Tagungs- und Wellnessflächen.

Ist das das Pfund, mit dem das Segment auch unter den neuen Bedingungen weiter fliegen kann? Als Hoffnungsträger des Assets Hotel? Als modernes Wohnangebot für diverse, denkbare Zielgruppen?

 

Andere Flugbahnen im Wachstum

Noch bis Januar 2020 performte das Segment "überfliegerhaft", im Rahmen seiner größten Dynamik der letzten 20 Jahre. Die durchschnittliche Auslastung lag bei den Häusern mit mindestens 15 Einheiten in Deutschland bei 77 Prozent, die ADR bei stabilen 89 Euro. 85 % der Betreiber, die Apartmentservice im Rahmen des "Marktreports Serviced Apartments 2020" befragt hatte, schätzten die Entwicklung des Gesamtmarkts als positiv oder sehr positiv ein, 77 Prozent in gleicher Weise auch die Entwicklung am eigenen Standort. Die Zielgruppe – 69 Prozent Geschäftsreisende 2019 – traf dabei auf einen boomenden Markt: Deutsche Unternehmen und öffentliche Institutionen mit mindestens zehn Mitarbeitern haben 2019, laut VDR-Geschäftsreiseanalyse 2020, rund 195,4 Millionen Geschäftsreisen unternommen und 55,3 Milliarden Euro für diese ausgegeben– ein Rekord. 74,3 Millionen Geschäftsreiseübernachtungen wurden dabei generiert (+2,6 Prozent) – ebenfalls ein Rekord. Knapp drei Viertel der Übernachtungen entfielen auf die Beherbergungen in Deutschland, der Anteil "anderer Beherbergungskategorien" wuchs dabei von 2 auf 7 Prozent. Serviced-Apartment- und Sharing-Economy-Anbieter seien hier auf dem Vormarsch, so die VDR-Geschäftsreiseanalyse.

 

Bisherige Akteure wachsen weiter

Aktuell zählt der deutsche Serviced-Apartment-Markt rund 34.000 Einheiten in 645 Häusern mit mindestens 15 Einheiten (Stand: September 2020). Studio-Einheiten machen einen Anteil von über 80 Prozent am Gesamtangebot aus und stehen für den Betreibertrend zu mehr Flächeneffizienz und den Nachfragetrend zu kostengünstigeren Angeboten. Der Anteil der Mikroapartments (weniger als 25 m²) ist erneut auf jetzt 35 Prozent gestiegen.

Die Living Hotels, Adina Hotels und Aparthotels Adagio/Access (Accor) zählen aktuell zu den Betreibern mit den meisten Häusern und Einheiten in Deutschland. Ihr Wachstum könnte sich durch Übernahmen und Umbrandings noch mehr beschleunigen. Mit bereits geplanten, neuen Objekten wird Adina in den nächsten Monaten stark expandieren, genauso Adapt Apartments, ipartment und Smartments Business (GBI). Mit letzteren Marken zeigt sich ein Wachstum besonders bei Serviced Apartmenthäusern mit Longstay-Konzepten.

Auch der neue Brand “Stay Kooook” von SV Hotel hat im Sommer 2020 mit der Eröffnung in Bern-Wankdorf seine Markenpremiere gefeiert. Demnächst startet ebenso die neue Marke “Rioca by i Live” in Wien. Zudem haben Akteure wie die GBI als Corona-Reaktion den neuen Subbrand Smartments Eco als komplett digitale Marke ohne öffentliche Flächen bekannt gegeben. Darüber hinaus wird der deutsche Markt in den nächsten Monaten von einer weiteren Internationalisierung geprägt sein, unter anderem durch den Markteinstieg der britischen Marke Locke (Edyn Group) oder die weiter wachsende Präsenz der irischen Staycity Aparthotels. Und bisher sichere Realisierungen wie die des Lebendigen Hauses in Bremen (Denkmalneu-Gruppe) nähren den Trend zu weiteren Mixed-Use-Projekten. Dabei könnte das Segment mit Blick auf die Umsatzeinbrüche in der Hotellerie und im Einzelhandel ein noch begehrterer Partner werden.

 

Das Segment fliegt weiter, wenn auch nicht mehr so hoch

Bis Ende 2022 werden die begonnenen Projekte nahezu komplett realisiert, sodass der Markt um 50 Prozent auf über 50.300 Einheiten wachsen wird – mitten in der Krise erfährt das Segment also seine bisher größte Dynamik (Stand: Juni 2020). Erst 2023 ist mit einer verlangsamten Expansion zu rechnen, und die 100.000-Einheiten-Marke wird nicht, wie ursprünglich prognostiziert, 2026 erreicht werden, sondern erst 2030. "Aber bis dahin kann derzeit ohnehin keiner in die Glaskugel schauen", sagt Anett Gregorius, Inhaberin von Apartmentservice und Veranstalterin der SO!APART. "Auch ist mehr als unklar, wie sehr Hotelbetreiber auf das Segment als krisenfestere Alternative umsatteln werden und sich die wohnwirtschaftlichen Angebote weiter ausdifferenzieren."

 

Suche nach dem neuen Kuchen

Die Zeit nach Corona scheint derzeit länger auf sich warten zu lassen, als sich dies einige beim Ausbruch der Pandemie erhofft hatten. Der fehlende Impfstoff und immer wieder steigende Infektionszahlen in Regionen führen weiter zu erheblichen Reiseeinschränkungen. Unternehmen bleiben in der Folge verunsichert, ob und wie sie ihre Mitarbeiter wieder auf Geschäftsreisen entsenden können. Es gibt keine U-Kurve mehr mit einem starken Abfall und einem linearen Wiederanstieg, sondern viele kleinere Hochs und Tiefs. Und vor allem die Stadthotellerie ist erheblich von den wechselnden Bedingungen betroffen, Metropolen wie Frankfurt und München leiden immens unter fehlenden Veranstaltungen und internationalen Gäste.

Die Schließungsankündigungen prominenter Hotels haben hier bereits die Immobilienwelt aufschrecken lassen. Auch das Serviced-Apartment-Segment wird massiv vom aktuellen und künftigen Geschäftsreiserückgang betroffen sein, den der Geschäftsreiseverband VDR bei 10 bis maximal 30 Prozent prognostiziert. Dies vor allem in Frankfurt und München, wo das Wettbewerbsumfeld in den letzten Jahren bereits erheblich gestiegen ist. „Wir prognostizieren zwar, dass wir mit der Rückkehr von Performance-Werten aus dem Jahr 2019 frühestens wieder 2022 rechnen können", sagt Anett Gregorius und sieht hier vor allem die kleineren Objekte im Vorteil. "Aber dies wird wesentlich davon abhängen, wie der Business Travel zurückkehrt, wie Betriebe an ihren Standorten durchhalten und flexibel nachjustieren können, vor allem auch bei ihren Pachtverträgen."

Entscheidend wird aber auch sein, wie schnell das Segment in hohem Maße neue Zielgruppen erschließen kann, vor allem im Bereich der Young Professionals, der Studierenden und Freizeitreisenden. Immobilienentwickler wie die Pantera AG bleiben in diesem Sinne zuversichtlich. Gerade hat diese mit Blick auf das wachsende Potenzial an längerreisenden Geschäftsreisenden und im Rahmen ihrer Studie „Neues Wohnen 2020 – Travel & Stay“ festgestellt, dass der Bedarf an Serviced Apartments weiter hoch bleibt und noch Nachholbedarf bei den Angeboten besteht.

 

"Start-ups ohne Substanz werden chancenlos sein"

"Doch zweifelsohne: Das Segment steht als Teil der Assetklasse Hotel vor seiner zweiten großen Bewährungsprobe nach den konjunkturbedingten Einbrüchen in den Nullerjahren", betont Anett Gregorius. "Wir erwarten sinkende Preise, ein geringeres Geschäftsreisevolumen, mehr Wettbewerb und ein geändertes Reiseverhalten." Es komme jetzt darauf an, mit den weiter bestehenden Mega-Trends New Work, Individualisierung, Nachhaltigkeit und Sicherheit eine Wohnantwort der Zukunft zu bleiben – sei es mit Blick auf die Konzepte, als auch in der Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit. „Die Qualität der Betreiber hat bei Investoren und Projektentwicklern in Folge an immenser Bedeutung gewonnen, ergänzend zur Lage und zum Konzept. Start-ups ohne Substanz werden chancenlos sein", so Anett Gregorius. Das Feuer will neu entzündet werden. Bleibt die Frage, ob es dann ganz anders lodert als noch 2020.

Mehr Informationen zum aktuellen Markt im aktuellen Marktreport Serviced Apartments von Apartmentservice.