Liebe SO!APART Insightler,
Das Interview in der letzten Woche zwischen unserem Reservierungsleiter Robert Lorenz-Pedersen und unserer Chefredakteurin Sylvie Konzack hat auch mich zum Resümieren angeregt... Was war das für ein Aufbruch, als ich 1999 ein OTA nur für Serviced Apartments gegründet hatte. Die "Longstayer", die damals über die Firmen und Travel Manager in den Markt kamen, suchten im Nebel neuer Arbeits- und Wohnluft ihren Longstay-Anbieter des Vertrauens. Und wir konnten über die Jahre unglaublich viele Produkte, Reisende und Firmen miteinander matchen, wir erklärten und vermittelten, was zur Arbeits- und Lebenssituation am besten passt, und zugleich nahm das Serviced-Apartment-Geschäft mit immer mehr Angeboten seinen Höhenflug als Hotelalternative.
Bis heute hat sich daran wenig geändert. Trotzdem ist das Agenturgeschäft ein anderes und manchmal widersprüchliches geworden. Die Betreiber agieren inzwischen intensiv direkt beim Kunden, während Travel Manager beklagen, dass sie in ihren Unternehmen keine Apartmentbuchbarkeit finden, weil die Apartmentanbieter nicht präsent sind. Wir sehen im Agenturgeschäft, dass viele Anbieter mit Verfügbarkeiten und Preisen knausern, während immer mehr Firmen und Behörden bei uns gezielt Serviced Apartments anfragen, das richtige Konzept suchen und immer wieder gute Angebote für mehrere Projektphasen brauchen. Im letzten Reiserückkehr-Sommer habe ich mein Team noch selten so geknickt erlebt, als es aus Mangel an Apartments hochqualifizierte Anfragen nicht bedienen konnte.
Aber ich weiß schon und kenne das ja auch aus meiner Consulting-Arbeit: Die direkte Buchung ist weiß, die indirekte schwarz. Das eine kostet angeblich nichts, das andere zu viel. Und der Gastgeber ist wichtiger als der Verkäufer. Wenn ich das mal so sagen darf: Ein bisschen klassische Hoteldenke hat sich hier in unserem Segment ihren Weg gebahnt.
Dabei sind wir nicht die klassische Hotellerie - wieder mal nicht! Denn Firmen wenden sich an Spezial-OTAs, weil sie sich neutrale Spezial-Beratung aus einer Hand wünschen und qualifizierte Auswahlmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter brauchen. Sie wollen Experten, die alle Themen wie Wohnungsgeberbestätigung, Versicherungen, komplexe Langzeitbuchungen etc. im Blick haben - und dies nicht selten immer noch an der Strippe, jede Woche, man kennt sich. Ich habe mich sehr gefreut, dass sich auf den von Robert geäußerten Wunsch nach festen Kontingenten für uns gleich einige Betreiber gemeldet haben. Hier stifte ich gern zur Nachahmung an.
Wenn wir beim Thema Retrospektive bleiben, geht der Blick natürlich auf die vielen Analysen, die in dieser Woche präsentiert wurden. Sicher bleibt dabei zwar die Unsicherheit, aber laut Ifo-Geschäftsklima-Index hellt sich die Stimmung etwas auf. Hotour attestiert dem deutschen Beherbergungsmarkt in ihrem aktuellen Monitor einen außergewöhnlichen Wendepunkt und betont, dass die Hotellerie kein strukturelles Problem hat. Vielmehr sind Segmente wie unsere eine Antwort auf veraltete Lösungen – und der Investmentmarkt hat darauf bereits reagiert: Der Anteil von Serviced-Apartment-Objekten am Transaktionsvolumen Hotel ist, laut Colliers, seit 2016 von 3 auf über 8 Prozent gestiegen. 2020 und 2021 wurde die 200-Millionen-Euro-Marke überschritten. Das Segment ist in den Fokus von Investoren gerückt.
In diesem Jahr müssen wir alle in puncto steigende Investmenttätigkeiten noch geduldig bleiben. Aber lasst uns einfach dankbar sein, dass die Häuser gut gefüllt sind, die Operations allerorts Geld verdient und der Rückenwind für neue Projekte steigt.
In diesem Sinne ein schönes Wochenende!
Herzliche Grüße – und nicht vergessen, wenn wir uns auf der ITB treffen wollen, noch fix einen Termin verabreden.
Anett Gregorius